Nach dem Abschluss ihrer Ausbildung wählen die meisten Ex-Azubis den direkten Berufseinstieg als einfachste und sicherste Option. So ist häufig eine sichere Arbeitsstelle durch eine Übernahme bereits vorhanden und das monatliche Einkommen gesichert. Doch gibt es auch für Azubis nach ihrem Ausbildungsabschluss einige weitere Optionen der Fort- und Weiterbildung, um die Karrieremöglichkeiten zu verbessern.
Es gibt viele Wirtschaftszweige und Branchen in Deutschland, welche intensiv nach Führungskräften suchen. Dazu gehören etwa das Handwerk oder die Gastronomie. Und längst nicht in allen Wirtschaftsbereichen werden ausschließlich Akademiker gesucht, so ist die Mehrheit der Führungskräfte etwa im Einzelhandel Nichtakademiker.
Nicht umsonst werben Wirtschaftsvertreter mehr denn je für die Berufsausbildung als Basis für eine Karriere. Während es langelang Abiturienten an die Universität zog, fehlen heute tausende ausgebildete Fachkräfte. Doch welche Aufstiegschancen habe ich mit einer Ausbildung und welche Wege stehen dafür zur Verfügung?
Interview mit Josef Altmann
Neben dem direkten Berufseinstieg gibt es auch die Möglichkeiten einer vertiefenden Ausbildung oder eines aufbauenden Studiums. Ferner gibt es die Fortbildung zum Meister, Techniker oder Fachwirt. arbeitdigital sprach im Interview mit Josef Altmann über die Karrierechancen von Auszubildenden.
- Herr Altmann, die Aufstiegschancen und Weiterbildungsmöglichkeiten für Berufsauszubildende sind vorhanden, werden aber häufig nicht in Anspruch genommen. Sehen Sie das auch so und wo liegen hier die größten Hinderungsgründe?
Für Berufspraktiker mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung gibt es viele Möglichkeiten sich weiterzubilden. Eine sogenannte Aufstiegsfortbildung ist in der Regel eine Voraussetzung, um nach einer Berufsausbildung mit Berufserfahrung aufzusteigen.
Warum solche Angebote nicht in Anspruch genommen werden, kann viele Gründe haben. Ein Grund ist fehlendes Wissen über Fördermöglichkeiten. Wer jedoch weiß, dass durch das sogenannte Aufstiegs-BAföG ein tolles Förderinstrument zur Verfügung steht, kann das Problem schnell aus der Welt schaffen. Hier sind Informationen dazu im Internet und Co. natürlich eine wertvolle Hilfe. Dieses Aufstiegs-BAföG besteht etwa zur Hälfte aus einem zinsgünstigen Darlehen und zur anderen Hälfte aus einem nichtrückzahlbaren Zuschuss. Wer das Ganze in Vollzeit macht, kann sogar eine Förderung zum Lebensunterhalt beantragen.
Neben dem Unwissen von Fördermöglichkeiten, gibt es natürlich auch Fachkräfte, die nicht wirklich aufsteigen möchten. Das heißt jedoch nicht, dass dieser Weg falsch ist. Denn man kann sich ja auch durch Anpassungsweiterbildungen und berufliche Praxis auf dem Laufenden halten.
Fakt ist, dass Weiterbildung immer wichtiger wird. Vor allem die immer weiter voranschreitende Digitalisierung ist eine große Herausforderung.
- Er gilt häufig als der klassische und sicherste Weg. Was spricht für einen direkten Berufseinstieg nach einer Ausbildung?
An Sicherheit glaube ich eigentlich so nicht. Wie gerade schon geschrieben kommen neue Technologien wie Künstliche Intelligenz auf uns zu. Es wird immer wichtiger richtig gut in seinem Bereich zu sein und sich nicht auf dem Erreichten auszuruhen. Wer sich heute als Fach- oder Führungskraft wie ein Unternehmer im Unternehmen sieht, wird meiner Meinung nach in Zukunft zu den Gewinnern gehören.
Genau aus diesem Grunde bin ich auch der festen Überzeugung, dass junge Leute ihren Beruf vor allem nach ihren Vorlieben, ihren Werten aber auch nach Talenten aussuchen sollten. Statistisch gehen ist es so, dass Akademiker mit ca. 2 Prozent Arbeitslosigkeit das geringste Risiko haben. Erst dann kommen Berufspraktiker wie Fachkräfte, Meister, Fachwirte und Co. Demnach müsste eigentlich das Studium der sicherste Weg sein. Wie bereits geschrieben, sollte das jedoch kein Grund für einen Weg sein.
- Nach der Ausbildung ist vor der Ausbildung. Was spricht für eine vertiefende Berufsausbildung und Spezialisierung nach Abschluss der Lehre?
Es spricht sehr viel für ständige Weiterbildung. Fach- und Führungskräfte mit Berufsausbildung haben jetzt schon und in Zukunft noch viel mehr Herausforderungen. Es kommen neue Technologien auf uns zu. Dadurch werden Arbeitsplätze verschwinden, aber auch neue Chancen entstehen. Außerdem drücken Praktiker aus dem Ausland nach Deutschland. Es ist von entscheidender Bedeutung diesen Gegebenheiten richtig zu begegnen und sich ein Leben lang weiterzubilden.
Das ist jedoch nicht der einzige Grund. Ein weiterer Grund ist, dass die Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt steigt. Experten verdienen mehr und sind bei Arbeitgebern begehrter als Arbeitskräfte, die viele Dinge machen, diese aber nicht in der Tiefe durchdringen. Egal ob nun eine Fachkarriere und Führungslaufbahn angestrebt wird – Weiterbildung und die dadurch entstehende Spezialisierung sind wichtige Faktoren für den Erfolg.
- Eine abgeschlossene Lehre öffnet den Zugang zur Weiterqualifikation. Was spricht für ein aufbauendes Studium nach einer Ausbildung?
Heute ist es sehr viel leichter ohne Abitur oder eine Fachhochschulreife zu studieren. Mit einer Ausbildung und meist 4 Jahren Erfahrung im Beruf, ist ein Studium an einer Fachhochschule möglich. Wer eine Aufstiegsfortbildung abgeschlossen hat, kann nicht nur an einer Fachhochschule, sondern auch an einer Universität studieren.
Doch was spricht nun für ein aufbauendes Studium nach einer Ausbildung? Meine Meinung dazu ist, dass ein Studium nach einer Berufsausbildung nicht immer sinnvoll ist. In vielen Branchen kommen Berufspraktiker nur bis zu einer gewissen Hierarchiestufe. Wer darüber hinaus möchte, braucht einen akademischen Abschluss und sollte folglich studieren. Ein weiterer Grund für ein Studium, ist der Wunsch nach einer Hausforderung im wissenschaftlichen Bereich. Auch eine angestrebte Tätigkeit in einem neuen Aufgabenfeld, kann so erreicht werden. Sowie der Wunsch aufgrund des Wissenserwerbs und Interesses am Studium, ist für mich ein legitimer Grund für ein Hochschulstudium.
Bei allem gilt es aber immer genau hinzuschauen. Auf keinen Fall sollte einfach blind ein Studium begonnen werden. Schließlich kostet das meist viel Geld. Wer nur wegen des vielleicht höheren Gehalts studieren möchte, sollte es meiner Meinung nach lieber nicht tun. Es ist nämlich so, dass das Gehalt nicht immer so viel mehr steigt, wie Kosten und Zeit verschlungen werden.
Das gilt vor allem für jene die schon einen Betriebswirt der Handwerkskammer oder IHK haben. Das Gehalt eines Bachelors ist dann oft nicht so viel höher, dass es alleine deshalb ein Studium rechtfertig. In so einem Fall ist dann meist Anpassungsweiterbildung und die damit verbunden Spezialisierung der bessere Weg.
- Es gibt viele Wege für die berufliche Weiterbildung und dementsprechend auch unzählige Begriffe und Bezeichnungen. Können Sie kurz den Unterschied der wichtigsten Formen, wie Anpassungsfortbildungen, Aufstiegsfortbildungen, Umschulungen und Zusatzqualifikationen erklären?
Weiterbildung ist ein enorm breites Feld. Es gibt viele Anbieter und leider sind nicht alle Angebote gleich viel Wert. Beispielsweise ist ein IHK-Abschluss wie der Geprüfte Industriemeister IHK nicht mit einem Zertifikat zu vergleichen, wie es diese auch bei IHK, aber auch anderen Bildungsanbietern, gibt. Daher ist es entscheidend, sich genau zu informieren. Nicht nur die Ziele spielen eine Rolle, sondern auch der Weg dahin.
Eine Anpassungsweiterbildung ist eine Möglichkeit, die es auch für Akademiker gibt. Dabei handelt es sich um Weiterbildung, die zur Spezialisierung dient oder dem Erwerb wichtiger Zusatzqualifikationen. Wichtige Zusatzqualifikationen können EDV-Kurse, Sprachkurse aber auch Kommunikationstrainings sein.
Eine Aufstiegsfortbildung ist eine staatliche oder staatlich anerkannte Weiterbildung, die auf einer Berufsausbildung mit anschließender Erfahrung oder langjähriger Erfahrung ohne Berufsausbildung aufbaut. Ohne Ausbildung muss die Erfahrung dementsprechend länger sein.
Die bekannteste Aufstiegsfortbildung ist der Handwerksmeister. Darüber hinaus gibt es aber auch noch den staatlich geprüften Techniker in verschiedenen Fachrichtungen, sowie im kaufmännischen Bereich den Fachwirt und Fachkaufmann. Angeboten werden diese Aufstiegsfortbildungen von Kammern wie der IHK oder Handwerkskammer. Die Fortbildung zum staatlich geprüften Techniker oder Betriebswirt, wird nicht durch die Kammern angeboten. In Bayern gibt es dafür Fachschulen, aber auch von Fernschulen wie dem ILS oder SGD werden diese angeboten.
Eine Umschulung ist im Gegensatz zu Anpassungs- oder Aufstiegsfortbildung etwas ganz anders. Eine Umschulung machen Menschen nicht um sich weiterzubilden, sondern einen neuen Beruf zu erlernen. Eine Umschulung ist im Endeffekt nichts anderes als eine neue Berufsausbildung. Die kann wie eine normale Ausbildung im dualen System oder einer besonderen Berufsfachschule absolviert werden. Im dualen System wechseln sich Berufsschule und Ausbildungsbetrieb ab. An einer Berufsfachschule haben die Umschülerinnen und Umschüler keinen Ausbildungsbetrieb jedoch Praktika zwischen den theoretischen Umschulungsphasen.
Eine Umschulung bekommen meist jene von der Arbeitsagentur, der Rentenversicherung oder einem anderen Träger bezahlt, die aufgrund einer Krankheit ihren Beruf nicht mehr ausüben können. Auch die ungünstige Chance auf einen Job kann ein Grund für eine Umschulung sein. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn ein Beruf ausstirbt.
Wer keine Förderung bekommt, muss die Umschulung leider selber zahlen. Das kann teilweise sehr teuer sein. So eine Ausbildung an einer Berufsfachschule kostet für Selbstzahler in nicht wenigen Fällen 20.000 Euro und da sind die Opportunitätskosten nicht eingeplant.
- Mit der steigenden Anzahl der Studienanfänger ging in den letzten Jahren auch die Zahl der Studienabbrecher hoch. Das Handwerk versucht nun aus diesem Akademisierungstrend einen Nutzen zu ziehen. So werben die Handwerkskammern etwa mit Initiativen wie „Karriereprogramm Handwerk“ oder „Und Morgen Meister“. Welche Möglichkeiten sollten Studienabbrecher in Erwägung ziehen?
Ich bin der Meinung man sollte tun, was man will und was einem liegt. Es bringt nichts zu studieren, wenn man nicht gerne lernt und auch mit Wissenschaft nichts am Hut hat. Wer praktisch veranlagt ist, ist in einem Handwerksberuf mit Sicherheit besser aufgehoben. Das hat auch nichts mit höher oder besser zu tun. Auch Handwerker können sehr gutes Geld verdienen und Ansehen erwerben. Kunden und Arbeitgeber wissen ob sich jemand Mühe gibt und für seine Sache brennt. Das wird heute immer mehr honoriert.
Wichtig dabei ist, dass man sich bevor man in eine neue Richtung geht hinterfragt. Was sind die eigenen Werte und Ziele? Auch die privaten Werte und Ziele spielen eine Rolle. Außerdem sollten sich diese Studienabbrecher durch das eine oder andere Praktika selber ein Bild von den Dingen machen. Nur so ist es möglich den richtigen Weg zu finden.
- John F. Kennedy hat gesagt: „Es gibt nur eins, was auf Dauer teurer ist als Bildung: keine Bildung.“ Der Bund und die Bundesländer bieten eine Vielzahl von Förderprogrammen an. Somit muss eine berufliche Weiterbildung nicht zwangsläufig aus der eigenen Tasche gezahlt werden. Doch welche Förderangebote sind das im Speziellen?
Förderprogramme gibt es sehr viele, das stimmt. Für jene, die eine Aufstiegsfortbildung machen wollen, bietet sich beispielsweise das bereits beschriebene Aufstiegs-BAföG an. Für jene, die eine Umschulung machen wollen, kann der Gang zur Arbeitsagentur sinnvoll sein usw. Auf was ich diesbezüglich aufmerksam machen möchte ist mein Blogbeitrag „Fortbildung finanzieren – so finanzierst du deine Weiterbildung“. In diesem Artikel zähle ich auch viele Förderungen auf.
- Josef Altmann betreibt seit mehr als 5 Jahren eine Webseite über die Themen Karriere und Bildung. Er ist selber Berufspraktiker, hat eine Ausbildung gemacht und sich später u. a. zum Fachwirt und Betriebswirt weitergebildet. „Mir liegt das Thema sehr am Herzen und mit meiner Website möchte ich auch in Zukunft Menschen helfen, ihre beruflichen Ziele zu erreichen. Schließlich nimmt der Beruf einen wichtigen Stellenwert in unserem Leben ein und dieser soll zur Zufriedenheit beitragen.“ sagte er uns im Zuge dieses Interviews.
Kaum etwas wirkt sich auf den wirtschaftlichen Wohlstand sowohl des Einzelnen als auch der Gesellschaft insgesamt aus, wie Bildung. Entdecke hier weitere interessante Beiträge zum Thema Job und Karriere.